Begriff der Innovationsfähigkeit

Der Begriff der Innovationsfähigkeit ist nicht eindeutig definiert, auch wenn er in einer Vielzahl von Publikationen verwendet wird. Der Begriff setzt sich zusammen aus Innovation und Fähigkeit. Innovation wurde gerade in 3.1 ausführlich diskutiert. Fähigkeit ist laut Duden die Befähigung oder Begabung etwas zu tun. In diesem Kontext ist demnach Innovationsfähigkeit die Befähigung eines Unternehmens zu innovieren.

Dabei wird Innovationsfähigkeit mit unterschiedlicher Intention verwendet. Einerseits wird Innovationsfähigkeit als Maß dafür genutzt, wie innovativ ein Unternehmen im Vergleich mit anderen Unternehmen ist. Also wird untersucht, welche Faktoren Einfluss auf die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens haben (z. B. Wahren, 2004). Andererseits wird Innovationsfähigkeit als eigenes Konstrukt angesehen, als Sammlung an Fähigkeiten, die zu Innovation führen (z. B. Sammerl, 2009).

Im Kontext der vorliegenden Arbeit wird Innovationsfähigkeit als Maß verstanden und damit verbunden steht die Frage im Mittelpunkt: Was kann ein Unternehmen tun, um die eigene Innovationsfähigkeit zu verbessern?

Einordnung in die aktuelle Forschung

Die Innovationsforschung ist ein interdisziplinäres Forschungsgebiet. Wissenschaftler aus Psychologie, Soziologie, Betriebswirtschaftslehre aber auch Ingenieurwissenschaften beschäftigen sich mit der Frage, was Innovation ist und wie Unternehmen es schaffen, innovativer als andere zu sein.

Im Rahmen dieser Forschungsarbeit ist es nicht möglich erschöpfend alle Forschungen zum Thema Innovation vorzustellen. Notwendig für das Verständnis ist es, die wesentlichen Strömungen und den Forschungskontext vorzustellen, in dem sich die Analyse bewegt, sowie aufzuzeigen, wie sich die Ursprünge und Ansätze je nach Forschungsgebiet unterscheiden, auch wenn sich die Forschungen immer weiter annähern.

In der psychologischen Innovationsforschung werden vornehmlich die Menschen, ihre Fähigkeiten und das Lernen in den Mittelpunkt gestellt. „Traditionell hatte sich die Psychologie zunächst nur mit kreativem Verhalten beschäftigt“ (Meyer, 1999), darauf aufbauend entstand einer der ältesten Forschungsbereiche in der psychologischen Innovationsforschung, welcher sich mit der Frage beschäftigt, welche Persönlichkeitsmerkmale die Kreativität und innovatives Verhalten im Allgemeinen beeinflussen (vgl. Maier et al., 2007). Dies hat zu einer breiten Forschung auf der Ebene der Person geführt. Untersucht wird beispielsweise der Einfluss der kognitiven Fähigkeiten wie Intelligenz auf die kreative Leistung (vgl. Sternberg & O'Hara, 1999) aber auch anderer Persönlichkeitsmerkmale, wie Kreativitätspotential (z. B. Madjar, Oldham & Pratt, 2002) und Gemütszustände, insbesondere Motivation (z. B. Bunce & West, 1995; Arthus & Aiman-Smith, 2001) oder Stimmung (z. B. George & Zhou, 2002) der handelnden Personen.

„In der neueren psychologischen Innovationsforschung [werden aber vermehrt] nicht nur individuelle, sondern auch soziale und organisatorische Merkmale berücksichtigt“ (Maier et al., 2007). Der Grund ist, dass Zugriff auf Ressourcen zur weiteren Entwicklung und Implementierung der Ideen notwendig ist, und so Unterstützung durch Dritte erforderlich ist (vgl. Axrell et al., 2000).

Dabei wird Innovation vornehmlich als Gruppenprozess betrachtet (vgl. Scholl, 2009). Die Schwerpunkte der Forschung aus psychologischer Sicht liegen daher auf den Aspekten des Klimas (z. B. Brodbeck & Maier, 2001), der Struktur und Ressourcen (z. B. Ancona & Caldwell, 1992) und der Kommunikation (z. B. Damanpour, 1991). Diese sind wichtig, reichen aber bei weitem nicht aus, subsumiert Scholl (2009). Daher beschäftigt sich heute Innovationsforschung auch mit Themen auf der Ebene der Organisation, die ursprünglich eher von Wissenschaftlern anderer Forschungsbereiche untersucht wurden, wie Kundenorientierung (z. B. Im & Workman, 2004) oder Verfügbarkeit von Ressourcen (z. B. Amabile et al., 1996). Ein Überblick findet sich bei Maier et al. (2007).

Innovationsforschung aus betriebswirtschaftlicher Perspektive setzt sich traditionell eher mit dem umfassenderen Phänomen von Innovationen in Organisationen auseinander, ursprünglich mit Innovation als Optimierung der Verwendung der vorhandenen Ressourcen. Diese Sichtweise geht bereits auf Schumpeter zurück, welcher Innovation als Anwendung neuer Faktorkombinationen definiert hat (vgl. Schumpeter, 1911). Darauf aufbauend haben sich unterschiedliche Ansätze entwickelt (vgl. Hauschildt, 2004; Hauschildt & Salomo, 2007) und verschiedenste Aspekte herauskristallisiert, die innovationsförderlich oder -hinderlich sein können.

Kern vieler Publikationen ist der Innovationsprozess von der Entwicklung und Bewertung erster Ideen über die Weiterentwicklung und Konzeptionalisierung bis zur Anwendung und Markteinführung (vgl. Wahren, 2004). Der letzte Schritt ist zentral, da eine Innovation erst dann als solche zu bezeichnen ist, wenn sie auch umgesetzt wird.

Aus Sicht des Prozesses vorgelagert oder parallel dazu braucht es eine klar definierte Innovationsstrategie, mittels der Ziele und Eckpunkte festgelegt und kommuniziert werden (vgl. Strecker, 2009) und welche in ein strukturiertes Portfoliomanagement mündet. Darüber hinaus wird der Nutzen von Externen diskutiert, beispielsweise der Einfluss der Wissenschaft auf die Ideenentwicklung, der Einfluss der Kunden auf die Entwicklung zur Marktreife und die Kooperation mit Verkäufernetzwerken bei der Markteinführung.

Aktuell wichtigster Schnittpunkt zwischen psychologischer und betriebswirtschaftlicher Forschung ist auf Ebene des Unternehmens die Organisation und die Unternehmenskultur (vgl. Wahren, 2004). Dabei spielen nicht nur der Aufbau und die Entscheidungswege einer Organisation eine zentrale Rolle, sondern im Besonderen die Kommunikation, das Setzen von intrinsischen und extrinsischen Anreizen sowie die Innovationskultur. Dabei beschäftigt sich die aktuelle betriebswirtschaftliche Forschung vermehrt mit den Themen, die ursprünglich die psychologische Innovationsforschung betrachtet hat, beispielsweise mit der Mitarbeiterauswahl und -förderung, insbesondere den Gründen für und der Förderung von Kreativität.

Personenmerkmale und Gruppenprozesse nehmen immer größeren Raum der betriebswissenschaftlichen Innovationsforschung ein, während sich die psychologische Innovationsforschung vermehrt mit der Organisation und übergreifenden Prozessen auseinander gesetzt wird. Beide wachsen demnach zusammen, Anleihen werden immer häufiger, nicht zuletzt in der Forschung zu Promotoren (vgl. Hauschildt & Salomo, 2007).

Bei der vorliegenden Arbeit werden daher Ansätze aus psychologischer Innovationsforschung mit betriebswirtschaftlicher Forschung gemeinsam betrachtet. Dabei spielen aufgrund der Unternehmensperspektive die individuellen Fähigkeiten und die Persönlichkeit direkt eine nachgelagerte Rolle, primär wird betrachtet, was Unternehmen tun können um die eigene Innovationsfähigkeit zu verbessern. Mittelbare Beeinflussung beispielsweise durch die Schaffung des entsprechenden Umfeldes, welches die Entfaltung von Persönlichkeitsmerkmalen erleichtert, und die Vorbildfunktion von Führungskräften werden dabei natürlich betrachtet werden.

Im Folgenden wird nun diskutiert wie der neue, integrierte Ansatz aussieht. Außerdem wird das empirische Modell zur Ermittlung der Erfolgsfaktoren für Innovation vorgestellt.

 
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