Die Notizen der Schüler zu dem Film und ihre Aussagen in den Interviews

Was haben die Schüler in diesem Unterricht gelernt? Zusätzlich zum Transkript der Schulstunde liegen von einzelnen Schülern die Notizen vor, die sie während der Unterrichtsstunde anfertigten. Darüber hinaus gibt es – von ausgewählten Schülern, die nach dem Unterricht interviewt wurden – Aussagen (nicht nur) zu ihren Notizen. Anhand der Notizen der Schüler und ihrer Aussagen kann rekonstruiert werden, welche Inhalte des Films sie wie verstanden und an ihr Vorwissen anschlossen.

Die Notizen der Schüler und deren EigenKommentierung im Verlauf des Interviews

Falks Notizen sind so angelegt, wie sie durch den Arbeitsauftrag der Lehrerin initiiert wurden. Er unterscheidet: „Nationalsozialismus – Jugend“ und „Freunde“. Seine Stichworte geben knapp Hinweise auf die einzelnen Filmszenen. Aus seinen Notizen geht hervor, dass er den Blockwart als „Nazi“ erkennt, dass er aber die Funktion von Knopp als hochrangigem Mitarbeiter der Gestapo nicht erfasst. Ob er den manipulierenden Charakter des Gesprächs zwischen dem Gestapo-Mann Knopp und Peter erkennt, kann aus seinen Notizen nicht erschlossen werden.

Ingo nimmt die Anregung der Lehrerin zur Einteilung der Notizen nicht auf und schreibt Stichworte zu den einzelnen Szenen auf. Dabei verwechselt er den Blockwart, den er mit „Nazi“ tituliert und den Gestapo-Mann Herrn Knopp. Von Ingo werden die Situation und das ihr eingeschriebene Machtgefälle und der besondere Hintergrund – betrachtet man nur seine Notizen – nicht erfasst.

Claus hat seine Aufzeichnungen im Heft so angelegt, dass er dem Arbeitsauftrag der Lehrerin entspricht. Seine eher knappen Stichworte stehen in der Mitte zwischen den Spalten. Er kann, auf der Grundlage der Nachfrage der Interviewerin, den Filminhalt wiedergeben (Interview mit Claus, Z 23-55). Interessant ist, dass er in der zuletzt gesehenen Szene des Gesprächs zwischen dem Gestapo Mann Knopp und Peter die Aufforderung, der HJ beizutreten, als „Angebot“ (und nicht zugleich als Erpressung, da es die Bedingung für ein Nichtbestrafen ist) benennt (ebd., Z 55). Aus Arnes stichwortartigem Text geht hervor, dass er die Personen und die Handlungen erfasst. Mit Blick auf die Konstellation zwischen dem Blockwart und dem Gestapo-Mann Knopp erfasst er das Machtgefälle: „Und dann is a anderer Mann 'kommen und dann (.) ähm hat der (.) Nazi Respekt g'habt vor dem und is dann 'gangen“ (Interview mit Arne, Z 60-61); „Weil das, weiß net, i glaub, das war so a oberer (.) Mann“ (ebd., Z 63). Die strukturellen Hintergründe für dieses Machtgefälle erklärt der Film nicht und auch Arne kann die je unterschiedliche Gefährlichkeit beider Personen nicht einschätzen. Aus seinen Notizen geht hervor, dass er die manipulative Strategie der Gesprächsführung des Gestapo-Manns Knopp nicht schriftlich festhält, sondern eher die Gemeinsamkeit, dass beide ihren Vater verloren haben, in seinen Stichworten notiert. Damit aber verkennt er die Mechanismen der Manipulation und des Erschleichens von Vertrauen.

Berts Notizen sind so angelegt, wie es von der Lehrerin eingefordert wurde. Er hat zwei Spalten gebildet: Freundschaft (Spalte 1) und Nationalsozialismus (Spalte 2). Die meisten Notizen finden sich eingeordnet unter der ersten Spalte. Bert kann seine Notizen erklären und gibt die Ausschnitte aus dem Film, die im Unterricht gezeigt wurden, wieder (Interview mit Bert, Z 51-56). Dabei interessiert ihn, ob die Pistolenkugeln unter Wasser eine Wirkung haben und welche (ebd., Z 56). In seiner Deutung der Gesprächsszene zwischen dem Gestapo-Mann Knopp und Peter versteht er die Aufforderung, der Hitlerjugend beizutreten, als Aufforderung an Peter, in die Armee einzutreten. „Und dann is so ein Mann 'kommen, (.) der wollt, (.) also hat dem Peter zuerst amal aus'm G' fängnis rausg'holt. U-n-d wollt dann, dass der in (.) dieser Armee eigentlich beitritt, also den Nationalsozialis(ten)“ (ebd., Z 176-179). Er kann keinen Unterschied zwischen der Hitlerjugend, der Armee und den Nationalsozialisten erkennen. Bert erkennt, dass Peter den Nationalsozialisten kritisch gegenüber steht: „Weil er einfach sagt, das (.) is nicht das, weil der Hitler einfach nicht der Mensch is, den er gern (.) folgen würd' oder, (.) einfach nicht sein Herrscher ist“ (ebd., Z 188-190).

Aus den Notizen der Schüler geht hervor, dass sie einige Szenen nicht verstanden haben. So verwechselt Ingo den Blockwart und den Gestapo-Mann und erkennt auch nicht das Machtgefälle zwischen beiden; Falk kann die je unterschiedliche Funktion und Gefährlichkeit des Blockwarts und des Vertreters der Gestapo (Knopp) nicht einschätzen. Arne erkennt zwar das strukturelle Machtgefälle, kann dessen Ursachen aber nicht angeben. In Berts Ausführungen werden die Hitlerjugend und die Armee verwechselt. Er akzeptiert implizit den Gedanken einer >Gefolgschaft<, geht aber davon aus, dass es freie Entscheidungen darüber gab, wem man folgen wollte. Mit Blick auf die Notizen wird deutlich, dass die Schüler bei der Informationsverarbeitung Schwierigkeiten haben, die handelnden Personen zu erkennen, sie einzuordnen und die relevanten gesellschaftlichen Gruppen in angemessener Weise

mit den im Film gezeigten Personen und Situationen in Verbindung zu setzen.

 
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