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6 Ansätze zur Erfassung und Beschreibung der MarkenidentitätBei der Beschreibung der Markenidentität sind drei verschiedene Aspekte zu unterscheiden: Erstens die Bestandteile, die die Markenidentität möglichst vollständig erfassen und beschreiben, [1] zweitens die Zugänge zur Erfassung dieser Bestandteile, womit die Quellen gemeint sind, aus denen sich die Markenidentität ableiten lassen,[2] und drittens die wertende Zuordnung und Strukturierung der Markenidentität.[3] In der Literatur sind einige Ansätze zur Erfassung und Beschreibung der Markenidentität zu finden. Die wichtigsten werden im Folgenden vorgestellt, verglichen und bewertet. Praxisbeispiele für die Markenidentität oder Elemente der Markenidentität für real existierende Marken sind in der Fachliteratur relativ spärlich anzutreffen.[4] 6.1 Der Ansatz von KapfererDas 1992 entwickelte Identitätsprisma des Franzosen Jean-Noël Kapferer gilt als das älteste Modell zur Erfassung der Markenidentität.[5] Kapferer betrachtet die Markenidentität unter zwei Aspekten, die insgesamt sechs Dimensionen der Markenidentität ergeben. Unter dem Aspekt Verankerung lassen sich auf der einen Seite drei Dimensionen identifizieren, die externer Natur sind (Erscheinungsbild, Marke-Kunde-Beziehung und Bild des typischen Markennutzers) und auf der anderen Seite drei Dimensionen, die interner Natur sind (Markenpersönlichkeit, Markenwerte und Selbstbild der Markennutzer). Parallel dazu analysiert Kapferer die Markenidentität unter dem Aspekt eines Kommunikationsmodells. Hier beziehen sich zwei Dimensionen explizit auf den Sender, d. h. den Markeninhaber (Erscheinungsbild und Markenpersönlichkeit) und zwei Dimensionen explizit auf den Empfänger, d. h. den Markennutzer (Bild des typischen Markennutzers und Selbstbild der Markennutzer).[6] (siehe Abb. 6.1) Das Erscheinungsbild umfasst alle objektiven, physischen Merkmale einer Marke, die von den Konsumenten wahrgenommen werden können. Es geht um die wesentlichen Produkteigenschaften und Produktnutzen.[7] Unter der Markenpersönlichkeit sind alle menschlichen Eigenschaften zu verstehen, die mit einer Marke verbunden werden können.[8] Die dritte Dimension der Markenidentität ist die spezifische Kultur der Marke. Kapferer meint damit das grundlegendende Wertesystem einer Marke, das eine zentrale Rolle für die Differenzierung der Marke gegenüber anderen Marken spielt, weil es sich auf unkopierbare Quellen und fundamentale, originäre Ideen bezieht. Abb. 6.1 Markenprisma und Markenpyramide von Kapferer. (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kapferer 2012, S. 158, 259) verwenden.[10] Das auf Reflektionen basierende Bild der Konsumenten vom typischen Nutzer der Marke ist eine weitere Dimension der Markenidentität. Hierzu zählen alle Assoziationen, die die Konsumenten mit der von ihnen vermuteten Zielgruppe der Marke verbinden. Dies darf nicht verwechselt werden mit der Definition der tatsächlichen Zielgruppe aus Sicht des Markeninhabers. [11] Die sechste und letzte Dimension ist das Selbst-Image des Kunden. Es geht um die (Wunsch)Vorstellungen, Selbstprojektionen, Einstellungen und interne Reflektionen der Kunden der Marke, die sie von sich selbst bei der Nutzung der Marke haben.[12] Kapferer erläutert zusätzlich zu den Dimensionen der Markenidentität etliche Quellen und Zugänge zu deren Erfassung.[13] Als naheliegende Quellen nennt er primär die äußeren, wahrnehmbaren Aspekte der Marke, die die internen Aspekte reflektieren. Die Analyse der Schlüsselprodukte oder -dienstleistungen wie die für die Marke typische Produktbeschaffenheit, Farbe, Verpackung etc. enthüllen zum Beispiel die dahinter liegenden Werte der Marke.[14] Des Weiteren ist der Markenname eine der wichtigsten Quellen und Repräsentationsformen der Markenidentität.[15] Auch visuelle Symbole und Logos wie z. B. die drei Streifen von Adidas oder das Nest von Nestlé helfen, die Markenkultur und die Markenwerte zu verstehen. Diese fungieren nicht nur als markante Wiedererkennungsmerkmale und helfen den Konsumenten die Marke zu identifizieren; ihre Bedeutung liegt im Kontext der Markenidentität vielmehr darin, dass sich auch die Marke mit ihnen und den daraus abgeleiteten Assoziationen identifiziert. Figuren und Charaktere wie das Michelin-Reifenmännchen oder der Esso-Tiger symbolisieren ebenfalls die Markenidentität, sie verkörpern und versinnbildlichen die Markenpersönlichkeit und die Markenwerte. Eine weitere Quelle zur Erfassung der Markenidentität ist die Werbung. Die Kommunikationsinhalte und der Kommunikationsstil reflektieren die Persönlichkeit des Markeninhabers als Sender und den typischen Markennutzer als Adressat der Kommunikation sowie die Art der Beziehung, die die Marke zu den Kunden aufbauen möchte. Als weitere Quellen führt Kapferer geografische und historische Wurzeln sowie den Gründer der Marke auf.[16] Die Strukturierung der Markenidentität ist nach Kapferer notwendig, um eine Balance zwischen Stabilität und Veränderung managen zu können. Er verwendet in Erweiterung der Prismadarstellung ein Pyramidenmodell mit drei Ebenen.[17] An der Spitze der Pyramide steht der Markenkern, der als genetischer Code die Wurzeln der Marke und die Basis aller Identitätsfacetten darstellt und die gesamte Markenidentität inspiriert. Insbesondere die Analyse der Markenhistorie, des Markenerbes und der Markenwerte eignen sich, um Elemente des Markenkerns zu identifizieren.[18] Im Markenkern wird laut Kapferer detailliert definiert, welche Besonderheiten und Einzigartigkeiten der Marke, die aus Elementen aller Identitätsfacetten stammen können, für die Marke dauerhaft unveränderbar und unverhandelbar sind.[19] Die zweite Ebene bezeichnet er als Markenstil. Hier sind die inneren Identitätsdimensionen Markenkultur/Markenwerte, Markenpersönlichkeit und SelbstImage der Markennutzer angesiedelt. Kapferer spricht vom stilistischen Code, der die Art und Weise ausdrückt, wie die Marke kommuniziert und welche Bilder sie transportiert, und der die Wahrnehmung der Marke durch die Konsumenten stark prägt. Er ist nicht für alle Zeiten unveränderbar, aber dennoch relativ stabil und für einen längeren Zeitraum festgelegt und bildet die Brücke zu der dritten Ebene, die Kapferer als Markenthemen bezeichnet. Auf dieser Stufe sind die nach außen gerichteten, sichtbaren und tangiblen Identitätsdimensionen Erscheinungsbild der Marke, Art der Marke-Kunde-Beziehung und Bild des typischen Nutzers angesiedelt. Diese Ebene ist relativ flexibel. Die Auswahl der Themen muss bzw. kann sich, ohne die Markenidentität zu beschädigen, immer wieder an neue Gegebenheiten anpassen und verän-dern.[20] Als weiteren, jedoch nicht zwingend notwendigen, Aspekt der wertenden Strukturierung der Markenidentität beschreibt Kapferer in seiner 4. Auflage, jedoch nicht mehr in seiner 5. Auflage, die Markenessenz.[21]
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