Willenserklärung

Der Begriff Willenserklärung wird im Gesetz nicht definiert. Vielmehr wird dessen Verständnis vorausgesetzt. Hinsichtlich einzelner Fragen bestehen in der Rechts-

Abb. 2.3 Bestandteile der Willenserklärung

wissenschaft aber auch nach über 100 Jahren noch unterschiedliche, teilweise weit auseinander liegende Ansichten. Im Rahmen dieses Lehrbuchs erfolgt auch in dieser Hinsicht eine Beschränkung auf übereinstimmende Positionen oder die von den meisten Vertretern der Rechtswissenschaft zu den angesprochenen Fragen geäußerte Lehrmeinung („herrschende Meinung“).

Der Begriff ist eine Wortkombination aus „Wille“ und „Erklärung“. Letztere ist eine objektive, erstere eine subjektive Komponente. Bestimmten Personen oder Personengruppen kann es an der Fähigkeit fehlen, Willenserklärungen wirksam abgeben zu können. Die diesbezüglichen Fragen der Geschäftsfähigkeit werden im Abschnitt über Einschränkungen der Vertragsfreiheit angesprochen (Abb. 2.3).

Objektiv

Die Erklärung braucht nicht unbedingt ein verbaler Ausdruck zu sein, wenngleich dies die gängige Ausdrucksform ist. Einen Erklärungswert können, je nach den Umständen des jeweiligen Falles, auch andere (schlüssige, konkludente) Formen besitzen, zum Beispiel schreiben oder nicken.

2.3/Fall 3: Die Unternehmer A und B einigen sich auf einer Industriemesse durch Handschlag auf den Kauf einer Maschine für 2 Mio. €. Ist der Handschlag rechtlich verbindlich?

Wer beispielsweise einen Klingelton-Download durch Anwählen einer Nummer oder Senden einer SMS anfordert, erklärt damit konkludent, dass ein entsprechender Vertrag geschlossen werden soll. Einschränkend gilt allerdings, dass überhaupt eine Äußerung vorliegen muss. Gedanken und rein geistige Willensbildungen, die nicht an die Außenwelt gedrungen sind, sind keine Erklärungen. Damit sind sie auch keine Willenserklärungen. Eine praktische Konsequenz hat dies etwa bei der Frage, wie ein Schweigen im Rechtsverkehr aufzufassen ist. Grundsätzlich kommt einem Schweigen kein objektiver Erklärungsgehalt zu. Insbesondere gilt ein Schweigen nicht als Zustimmung. Das gilt selbst dann, wenn sich in der betreffenden Person tatsächlich ein Wille zur Zustimmung gebildet hatte. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn ein Schweigen als Erklärungszeichen zuvor vereinbart worden war („beredtes Schweigen“). Weitere Ausnahmen enthält an wenigen Stellen das BGB (z. B. § 516 Abs. 2). Weiter muss nach §§ 151, 152 beispielsweise die Annahme eines Vertragsangebotes nicht unbedingt gegenüber dem Antragenden, sondern kann auch gegenüber einem Dritten erklärt werden. Eine Annahmeerklärung muss aber auch in diesem Falle vorliegen. Bei Bestehen einer entsprechenden Verkehrssitte oder einem Verzicht des anderen Teils muss die Erklärung niemandem zugehen. Beispiele für das Vorliegen einer solchen Verkehrssitte wären etwa die Reservierung eines Hotelzimmers oder bestimmte unentgeltliche Zuwendungen. Im Geschäftsverkehr unter Kaufleuten können sich Ausnahmen auch aus Handelsbräuchen ergeben (Bsp.: Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, vgl. auch Kap. 2.3.3.2).

 
< Zurück   INHALT   Weiter >