Subjektiv

Übereinstimmend wird für erforderlich gehalten, dass zunächst ein sog. Handlungswille vorliegt. Darunter versteht man den Willen, in der Außenwelt tatsächlich etwas zu verändern. Daran kann es im Einzelfall fehlen. Wer beispielsweise im Zustand der Hypnose zur Unterzeichnung einer Vertragsurkunde bestimmt wird, hat zwar rein äußerlich betrachtet etwas getan. Es fehlt jedoch an einer Willensbildung (einem Handlungswillen) und damit letztlich an einer Willenserklärung. Bei einem Handeln unter psychischem oder körperlichem Zwang wird dagegen ein Handlungswille bejaht. Eine etwa notwendige Korrektur erfolgt dann an anderen Stellen (z. B.: Anfechtung). An wenigen Stellen wird ein Handlungswille auch vom Gesetz fingiert. Beispielsweise gilt eine Telefonrechnung als genehmigt, wenn sie nicht binnen acht Wochen nach Zugang beanstandet wird (vgl. § 45i TKG).

Die weiteren subjektiven Bestandteile der Willenserklärung sind streitig. Von der herrschenden Meinung wird als weiterer Bestandteil das Bewusstsein des Erklärenden gefordert, überhaupt irgendetwas Rechtserhebliches zu erklären (sog. Erklärungsbewusstsein oder Erklärungswille). Nach der Rechtsprechung genügt es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§ 242) allerdings, dass er bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können und vermeiden müssen, dass seine Willenserklärung als solche aufgefasst werden durfte (vgl. BGHZ 149, 129).

2.3/Fall 4: K winkt im Bierzelt seinem Freund zu. Die Bedienung fasst dies als Bestellung einer Maß Bier auf und bringt sie zu K. Ist ein Vertrag zustande gekommen?

Beispiel A stellt sein Auto zum Verkauf bei „eBay“ zum Startpreis von 1 €

ein (Verkehrswert: 5.000 €). Das höchste Gebot bei Zeitablauf gibt der B

mit 2.000 € ab. A möchte das Fahrzeug nicht zu diesem Preis verkaufen.

Unstreitig war er sich nicht des verbindlichen Charakters des Freischaltens

der eBay-Seite bewusst gewesen. Liegt eine Willensklärung des A (ggf. Welchen Inhalts) vor?

Nach der hier vertretenen Ansicht hat A in diesem Falle ein Erklärungsbewusstsein gehabt und hätte damit eine wirksame Willenserklärung abgegeben. Denn bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte er sich durch Lektüre der Nutzungsbedingungen bei „eBay“ informieren und sich des verbindlichen Charakters des Freischaltens der Seite bewusst sein müssen. Dementsprechend hätte er auch erkennen können, dass andere (Bieter) sein Verhalten als rechtsverbindlich ansehen. Dementsprechend liegt ein Kaufvertrag zwischen A und B vor. Allerdings liegt es auf der Hand, dass letztlich ein Irrtum zum Vertragschluss geführt hat. Nach §§ 119 ff. können bestimmte Fälle von Irrtümern nach den Vorschriften über die Anfechtung geregelt werden (siehe dazu unten), wonach das Rechtsgeschäft wieder mit anfänglicher Wirkung aufgelöst werden kann.

Eine Mindermeinung fordert für die Annahme einer Willenserklärung neben Handlungswille und Erklärungsbewusstsein zusätzlich noch einen sog. Geschäftswillen. Das heißt, es reicht nicht aus, dass sich der Wille nur darauf bezieht, überhaupt irgendetwas Rechtserhebliches zu erklären. Vielmehr müsste der Erklärende gerade das Bewusstsein im Hinblick auf ein bestimmtes Geschäft haben. Die herrschende Meinung lehnt diese Ansicht als zu eng ab.

Bedeutungslos sind auch Motive, die zur Entstehung eines bestimmten Willens und einer entsprechenden Erklärung geführt haben. Denn ein Motiv ist nur der Beweggrund und Ausgangspunkt für die Entstehung eines rechtserheblichen Willens. In diesem Sinne ist ein Motiv zwar eine mögliche Vorstufe für die Abgabe einer Willenserklärung, entfaltet aber keine rechtliche Bedeutung für die Willenserklärung selbst.

2.3/Fall 5: Bräutigam B kauft für seine Braut beim Juwelier (J) die Hochzeitsringe aus Anlass der bevorstehenden Hochzeit. Einen Tag vor der Hochzeit flüchtet die Braut über alle Berge. Liegt gleichwohl eine wirksame Willenserklärung des B über den Kauf des Rings vor?

Der Grund für die Unbeachtlichkeit von Motiven ist, dass der Geschäftsverkehr

„gesinnungsfrei“ bleiben muss. Am obigen Fall erläutert kann die Wirksamkeit der Willenserklärung nicht davon abhängen, ob und wie die Hochzeit stattfindet oder was den Käufer sonst zur Eingehung dieser Hochzeit oder letztlich zu ihrer Absage bewegt hat. Eine Ausnahme wäre dann gegeben, wenn das Motiv zur Bedingung für die Wirksamkeit der Willenserklärung gemacht worden wäre. Im obigen Fall wäre dies dann anzunehmen, wenn B dem J mitgeteilt hätte, dass er den Ring nur dann kaufen will, wenn es zur Eheschließung kommt. Dass Juweliere auf solche „Deals“ eingehen, ist eher unwahrscheinlich.

 
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