Vertragschluss
Ein Vertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande. Es handelt sich um zwei Willenserklärungen, die inhaltlich einander entsprechen müssen bzw. sich aufeinander beziehen müssen. Wenn der eine ein Angebot über „A“ unterbreitet und der andere „B“ annimmt, liegt keine Entsprechung vor. Der eine Vertragsteil macht ein Angebot (einen Antrag) und der andere Teil erklärt sein Einverständnis, nimmt also im Rechtssinne genau dieses Angebot an (Abb. 2.4).
Angebot
Das Angebot muss so konkret (d. h. bestimmt) sein, dass der Vertrag durch bloße Bejahung des anderen Teils angenommen werden könnte. Nicht unbedingt erforderlich ist dabei, dass sich das Angebot an eine bestimmte Person richtet. Es genügt, wie beispielsweise bei Online-Auktionen, dass zweifelsfrei erkennbar ist, dass der Anbieter den Vertrag mit dem Auktionsteilnehmer abschließen möchte, der bei Auktionsende das Höchstgebot abgegeben hat.
Außerdem muss aus dem Angebot, wie bereits im Abschnitt über Willenserklärungen erläutert, ein Rechtsbindungswille deutlich werden. Das ist bei bloßen Aufforderungen bzw. Einladungen zur Abgabe von Angeboten (invitatio ad offerendum) nicht der Fall. Beispiele sind Schaufensterauslagen oder das Warenangebot in Online-Shop.
Solche Warenpräsentationen besagen im Rechtssinne nur, dass der Kunde in den Laden kommen und ein Angebot des vorgeschlagenen Inhalts abgeben soll. Der Grund für diese Konstruktion ist folgender. Wenn es sich bei einer Schaufensterauslage bereits um ein rechtlich bindendes Angebot des Verkäufers handeln würde, bräuchte der Kunde nur in den Laden zu kommen und das Angebot anzunehmen. Dann wäre der Vertrag geschlossen. Kommen aber 100 Kunden (wie das bei Sonderangeboten oft der Fall ist), bevor der Verkäufer die Auslage entfernen kann, und er hat nur 50 Stück des Produktes verfügbar, würde er sich in den anderen 50 Fällen wegen Nichterfüllung des Vertrages schadensersatzpflichtig machen. Das kann von Rechts wegen und aus der Sicht eines verständigen Verkäufers nicht gewollt sein. Es gibt vereinzelte Stimmen in der rechtswissenschaftlichen Literatur, die z. B. eine aufgebahrte Ware in einem SB-Shop bereits als Angebot ansehen. Die Annahme erklärt der Kunde nach dieser Ansicht durch das Vorweisen an der Kasse. Damit soll Kunden die Möglichkeit gegeben werden, von den 100 Exemplaren des Sonderangebotes nicht nur eines, sondern bei Interesse auch 50 Stück mitzunehmen. Wenn der Shop-Inhaber damit nicht einverstanden ist, wäre nach dieser Ansicht ein ausdrücklicher Hinweis erforderlich. Im Zweifel hält man sich hier aber lieber an die herrschende Meinung, die aufgrund der Warenpräsentation als grundsätzliche invitatio ad offerendum davon ausgeht, dass das Angebot erst vom Käufer, z. B. durch Auflegen der Ware auf das Kassenband, abgegeben wird. Dann hat der Verkäufer in jedem Falle noch die Möglichkeit, das Angebot abzulehnen.
Eine andere Frage ist, wie reißerische Werbung mit Sonderangeboten, die ersichtlich nicht gehalten werden können oder bei denen die beworbenen Waren nicht vorrätig sind, wettbewerbsrechtlich zu beurteilen sind. Diese Fallgruppe der sog. Lockvogelwerbung wird von §§ 3, 4 Ziff. 1 UWG erfasst. Danach ist es als unlauterer Wettbewerb anzusehen, wenn auf die Kaufentscheidung des Verbrauchers durch unangemessene unsachliche Einflussnahme eingewirkt wird. Der Verbraucher erwirbt durch diese rechtliche Einordnung aber keinen Anspruch auf Vertragschluss. Lediglich Mitbewerber und sonstige, in § 8 UWG näher genannte Einrichtungen, haben die Möglichkeit, im Falle unlauteren Wettbewerbs Ansprüche nach dem UWG geltend zu machen.
Wer ein Angebot (einen Antrag) gemacht hat, ist nach § 145 daran gebunden. Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen kann die Erklärung bis zum Zugang der Erklärung beim Empfänger widerrufen werden. Die Bindungswirkung erlischt nicht durch den Tod (vgl. § 130 II), sondern geht auf die Erben über. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Antragende die Gebundenheit ausgeschlossen hat. Das ist aus Erklärungszusätzen wie „Angebot freibleibend“ herauszulesen, wenngleich der Bedeutungsgehalt solcher Formeln oft zweifelhaft ist.
Fraglich ist, ob Angebotsbindungsfristen durch AGB geregelt werden können. Die Literatur lehnt dies zum Teil ab. Die Rechtsprechung geht grundsätzlich von der Möglichkeit einer AGB-Regelung aus. Bei Alltagsgeschäften darf in AGB aber keine längere Frist als zwei Wochen bestimmt werden (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil
v. 28.12.2004 – 21 U 68/04). Bei komplexen Geschäften (z. B. Kauf einer hochwer-tigen Maschine) sind dagegen längere Angebotsbindungsfristen in AGB denkbar (z. B. vier Wochen).
Das Angebot erlischt, wenn es abgelehnt wird (§ 146) oder wenn es nicht rechtzeitig angenommen wird (§§ 147–149, siehe unten).
2.3/Fall 12: U bietet bei „eBay“ einen Oldtimer mit einem Startpreis von 1 € zum Verkauf an (Marktwert: 23.000 €). K ist mit einem Gebot von 8.218,12 € kurz vor Auktionsende der Höchstbietende. Noch vor Auktionsende löscht U das Angebot, ohne dafür Gründe zu nennen. Kann V von U Lieferung des Oldtimers gegen Zahlung des von ihm gebotenen Betrages verlangen? (KG, Beschl. v. 25.1.2005 – 17 U 72/04).